Tizian im Städel


Tizian in Frankfurt

Ein Bericht von Eva Kaiser


Unberührt vom Kunstmarkt mit seinen Berichten über spektakuläre Auktionsergebnisse gibt es die ganz großen unter den Malern, deren Meisterschaft allein durch ihren Namen verbürgt ist und deren Werke wohl weltweit bewundert werden. Zu ihnen gehört sicher Leonardo, an dessen 500. Todestag gerade in allen Medien erinnert wird, und vielleicht auch Tizian, dem das Städel in Frankfurt bis zur vorigen Woche eine Ausstellung gewidmet hatte.
Unter dem Titel „Tizian und die Renaissance in Venedig“ bot das Städel einen Einblick in seine Zeit, stellte seine Gemälde in den historischen und politischen Kontext und natürlich in das künstlerische Umfeld.
Auf seiner Webseite bietet das Städel für alle, die die Ausstellung nicht sehen konnten, ein „DIGITORIAL“ an, in dem die Ausstellung, die wichtigsten Gemälde und die Aspekte der Präsentation vorgestellt werden.

Ich war einfach nur neugierig auf Tizian, von dessen Malerei ich keine rechte Vorstellung hatte. Sehr bald erfuhr ich, was das spezifisch Venezianische in seinen Werken war: Eines der großformatigen Gemälde ist ein Portrait von Tizians Farbenhändler!



Anders als im übrigen Italien, wo die Maler ihre Pigmente in der Apotheke kaufen, gibt es in Venedig schon um 1500 den Berufsstand der Farbenhändler. Tizian und seinen Malerkollegen standen satte, leuchtende Farben zur Verfügung, mit denen sie experimentieren konnten.

Wie sehr Tizian „seinen“ Farbenhändler Avise della Scala schätzte, kann man vielleicht daran ablesen, dass sein Porträt des Dogen Francesco Venier die gleichen Abmessungen hat wie das von della Scala.



Fasziniert hat mich die Darstellung von Johannes dem Täufer.
(aus den 1540-ern)



Ein wenig glaubt man zu erkennen, wie die Farben aufgetragen, verwischt und abgestuft wurden. Die Landschaft kurz angedeutet – der Mensch steht hier ganz und gar im Mittelpunkt, stolz und selbstbewusst. Auch wenn das Sujet noch biblisch ist, das Lamm wegen seiner symbolischen Bedeutung im Bild ist und nicht als Teil einer naturalistischen Landschaft – hier, schien mir, beginnt die Malerei sich von ihrer Rolle in der christlichen Welt zu lösen. Natürlich ist dies der Gedanke eines Menschen im 21. Jahrhundert …

Tizian hat etliche biblische Szenen dargestellt, z.B. als Auftragsarbeit die „Madonna mit Kind, der heiligen Katharina sowie einem Hirten / Die Madonna mit dem Kaninchen“ (ca. 1530).



Das Kaninchen symbolisiert, so sagt der Text neben dem Gemälde, Marias unbefleckte Empfängnis und ihre „reine Liebe“ . Meisterhaft die Farben, das malerische Können – mich zog es jedoch zu einem weiteren „weltlichen“ Gemälde, dem „Portrait eines jungen Mannes“ (ca. 1510).



Noch einmal vertiefte ich mich in das wunderschöne von Tizian gemalte Portrait – es ist im Besitz des Städel und in der ständigen Ausstellung zu sehen.

Noch ein Blick auf ein anderes Portrait, das „Idealbild einer jungen Frau als Flora“, ca. 1520, ebenfalls im Besitz des Städel, der Maler allerdings nicht Tizian, sondern Bartolomeo Veneto.



Dann aber, ich gestehe es, eilte ich in die Räume der klassischen Moderne und freute mich, die vertrauten Bilder von Kirchner, Schmitt-Rottluff, Munch, Matisse … zu sehen, die alle auch zum Bestand des Städel gehören.


 

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