Selten finden wir ein Motiv, das uns mehr inspiriert, als der Mensch. Ein Gesicht auf der Leinwand entstehen lassen, einen Blick aus den Augen erleben, die unsere eigene Pinselstriche modelliert haben – ein Malerlebnis besonderer Art! Seitdem wir unsere “Kopf zeichnen und malen”* Workshops machen, begeistern sich immer mehr Maler unseres Ateliers für dieses faszinierende Thema. In diesem Semester hat sich Petra mit zwei Porträts beschäftigt. Hier ihre Bilder.
* Der neue “Kopf-Kurs” findet im Jannuar 2018 statt.
Unsere Abendkurse sind recht schwungvoll angefangen! Hier ein paar Bilder aus der laufenden Produktion. Manche Arbeiten befinden sich im Anfangsstadium, manche wurden zu Hause, während der Sommerpause gemacht und ein paar Arbeiten sind schon nach zwei Malabenden fertig!
Petra hat uns schon während des Sommerkurses besucht und ihre neue Porträts gezeigt. Es ist vor allem die Psychologie der Personen, die hier porträtiert wurde – diese Werke sind wunderbare bildnerische Erzählungen über die Innerwelt der Seelen …
Auch Ingrid hat ihre Porträtserie fortgesetzt … Und sie hat einiges dazu gelernt: Ausdruck, Stimmung, Formgebung und eine neue Suverenität im Umgang mit komplexen Formen!
Im Kurs hat Ingrid eine prächtige, stimmungsvolle Farbkomposition angefangen – noch ein paar Ergänzungen und das Bild ist fertig!
Janka ist ein atmosphärischer Farb-Raum gelungen – man sieht im Bild deutlich, wie viel kreative Energie sich während der Sommerpause in ihr angestaut hat.
In ähnliche Richtung bewegt sich auch der kleine Gummiroller, mit dem Christina dieses Bild malt … Eine wunderbare Leuchtkraft der Farben auf schwarzem Hintergrund – eine ganz andere Farbwirklung! Wir sind neugierig, wie sich das Bild weiter entwickeln wird …
Beate ist zu Hause ein wahres Meisterwerk gelungen! Das Bild mutet surrealistisch an und scheint restlos alles erzählen zu wollen, was zum Spiel der Kunst gehört; Experiment und Fantasie, Zufall und Genauigkeit, Figuration und Formauflösung. … Es macht einfach Freude, das Bild zu betrachten!
Gabi ist neu im Mittwochskurs, hier ihre bildnerische Interpretation eines Höhlensaals, in der die Tropfsteine in einen leuchtenden Formfluss der gefühlsvoll komponierten Farben übersetzt wurden …
Auch Christiane hat schon zwei vollendete Kunstwerke vorzuweisen! Energie, Leichtigkeit, Schwung, Frische – und starke Wirkung!
Sabine arbeitet weiter an ihrem Faltenbild – es sind ein paar Farbtonkorrekturen nötig!
Unsere Petra hat sich in letzter Zeit intensiv mit dem Thema “Porträt” beschäftigt. Nachdem sie die Skulptur “der Schwebende” von Berloch als Porträtmotiv verwendet hat, setzte sie ihre Porträtserie mit einem neuen, in vieler Hinsicht anspruchsvolleren Thema fort; mit der bildnerischen Reflexion über ihre bemerkenswerte Mutter – die mit 52 entschieden hat, Kunstzu studieren! Petra stellt sie hier mit einer kleinen Vita, einer Auswahl ihrer Bilder und mit drei schönen Porträts vor.
Über meine Mutter:
ALO BORCH
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Der Monat meiner Mutter ist der September.
Am 30.9.1919 wurde sie in Bad Gastein (Österreich) geboren. Sie war die Älteste von sechs Schwestern und zwei Brüdern und kam nach ihren wenig älteren Bruder, mit dem sie später das Bergsteigen und Klettern lernte.
Am 12.9.42 heiratete sie einen Berliner; einen examinierten Wirtschaftsingenieur, inzwischen Feldwebel der deutschen Wehrmacht und verbrachte mit ihm die Flittertage beim Bergsteigen in den Bergen der Heimat.
Am 18.9.93 starb sie (verwitwet) in Freiburg, inmitten ihrer Familie in ihrer Atelierwohnung an den Folgen eines Gehirntumors.
„Meine Büdln und meine Dechter“, das nannte sie in den letzten Tagen ihres Lebens ihr Werk. (Bilder und Töchter).
Ich, als dritte Tochter hatte 1971 mein Kunststudium zugunsten der Theologie aufgegeben. Das gab ihr den Anstoß, selbst ihren Lebenstraum zu verwirklichen: malen zu lernen!
Sie besuchte zehn Jahre die Werkkunstschule in Köln, bis Anfang der 80er Jahre und malte bis an ihr Lebensende. Nach dem plötzlichen Tod meines Vaters (81) zog sie nach Freiburg, wo die Jüngste als Tierärztin praktiziert.
Ihre Bilder wurden in verschiedenen Ausstellungen in Freiburg gewürdigt und hängen heute bei uns vier Töchtern und einigen Schwestern.
Die künstlerische Arbeit machte sie mit den großen Künstlern der klassischen und neuen Moderne vertraut. Sie liebte Cézanne und studierte ihn und viele andere. Bildung war ihr in der Jugend trotz Wissensdurst nicht möglich.
Als junge Frau befand sie sich unter der ideologischen Glocke der Nazis, die auch Österreich freudig über sich stülpte.
Als reife Frau lernte sie mit ihren Töchtern eine europäische und internationale Kultur kennen, wählte SPD und kaufte in Köln die erste Emma. Sie verstand sich als Sozial-Feministin mit einer Abweisung aller Organisationen, besonders der Kirchen (als Katholikin war sie ausgetreten). Dennoch engagierte sie sich in der Gemeinde: Sie wurde Vormund für fünf Waisen, deren Eltern an Alkoholkrankheit verstorben waren, und ermöglichte so den Kindern als Familie zusammen erwachsen zu werden. Auch ging sie der Auseinandersetzung mit der Nazi-Geschichte nicht aus dem Weg, sondern konfrontierte sich mit Dokumenten aus ihrer Jugend. (Hitler-Reden im Radio, Holocaustfilme, Ausstellungen).
Alo Borch ist ihre Signatur. Sie war eine geerdete Frau mit großem Herz und, jenseits aller Konventionen, dem Leben verbunden. Meine neuerliche Beschäftigung mit ihrem Porträt verbindet mich neu mit ihr.