Das Buch: Die Kunst in diesem Augenblick


Die Kunst in diesem Augenblick
»Die Kunst in diesem Augenblick, Aufsätze und Tagebücher aus 50 Jahren« ist nur antiquarusch verfügbar

Dieses Buch – eine Sammlung von kurzen Texten über Kunst und Künstler aus der Feder von Wilhelm Hausenstein – haben wir neulich in einem Wochenendekurs besprochen. Dieses knapp 300 Seiten lange Werk, 1960 erschienen, ist immer noch sehr lesenswert und geradezu ideal für alle Atelierbesucher, die jenseits der Malstunden noch etwas Zeit und Muße für die Kunst finden. Ob über Rembrandt, Corint, Césanne, Van Gogh oder über Chagall, Kandinsky oder Klee … mit großer Meisterschaft zieht der Kunstschriftsteller Hausenstein den Leser in seinen Bann!

Darüber hinaus verrät der literarische Ton des Buches einen Humanisten der alten Schule, der, auch wenn er kritisiert, stets affirmativ bleibt. Hausenstein zeigt ein tiefes Verständnis, Mitgefühl und Liebe für die Künstler und ihr Anliegen, die Welt anders, auf eigene Art zu betrachten. Die Texte schildern die Künstler in ihrem beharrlichen, oft Kräfte zerrenden, manchmal in Stille fortschreitenden, manchmal leidenschaftlich bebenden Unternehmen, ihre künstlerische Weltanschauung zu behaupten. Neben dem Faktischen und dem Wissenschaftlichen über das Werk lesen wir auch das Literarische – über den künstlerischen Urreflex, dem Gewöhntem Widerstand zu leisten und über das unbändige Bedürfnis des Künstlers, der Gesellschaft den Spiegel hinzuhalten und unerschrocken das künstlerische »schau!« auszurufen.

Man kann noch so gelehrt, noch so gebildet sein und trotzdem kein Gefühl für die Kunst haben. Bei Wilhelm Hausenstein, der es während der Naziherrschaft entschieden abgelehnt hat, jüdische Künstler aus seiner Kunstgeschichte zu streichen und die Kunstwerke seiner Zeitgenossen als entartete Kunst zu bezeichnen – und deswegen bis zum Kriegende in einem Versteck leben musste – scheint dieses Gefühl angeboren gewesen zu sein.


Den Literaturliebhabern unter euch, die für ein paar Stunden unserer rastlosen, überhitzten Welt entfliehen wollen, möchte ich noch ein weiteres Buch von dem gleichen Autor ans Herz legen. »Drinnen und Draußen – ein Tagebuch über Landschaften und Städte, Tiere und Menschen« aus dem Jahr 1930. [ auch dieses Buch ist nur antiquarisch zu finden …]

 


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9 Gedanken zu „Das Buch: Die Kunst in diesem Augenblick“

  1. vielen Dank für den Tipp! Man kann das Buch günstig und gebraucht z.B. über ebay beziehen. W.Hausenstein hat ganz viel geschrieben. Da fällt die Auswahl schwer.

    1. Man kann nach seinen Büchern auch bei booklooker.de suchen …! Ein weiteres, sehr lesenswertes Buch von ihm ist “Begegnungen mit BIldern” … Ich bringe es nächste Woche mit.

  2. Danke für den Hinweis … das Buch wurde früher viel gelesen, dann aber nicht mehr verlegt, sodass es nur gebrauchte Exemplare (auch bei Amazon) gibt …

  3. Merkwürdig – gerade heute, als MARC O. auf John Bergers Produktionen verwiesen hat – ist er mit neunzig Jahren verstorben!

  4. Ich bin unschuldig! 😉
    Sein Tod war vielmehr der Anlass für mich auf ihn zu verweisen. Aus der ZEIT noch ein schönes Zitat von ihm:
    “Wenn Sie sich anschauen, was uns auf natürliche Weise umgibt – nicht nur das Menschengemachte –, sind Sie im Reich des Unendlichen. Deshalb zeichne ich. Und habe immer gezeichnet. Bäume. Landschaften, Körper, Fische. Zeichnend beginnt man, die unendliche Komplexität zu sehen, sodass der Prozess des Zeichnens – ohne dass etwas ausgesprochen würde – eine Art des Gebetes ist.” (John Berger)

    RIP

    1. Hier bietet sich eine schöne Gelegenheit, mich selbst zu zitieren: Das Zeichnen ist die königliche Disziplin der Beobachtung! … Wer die Welt sehen will, soll zeichnen! … Im nächsten Semester können wir das Thema “sehen” gern vertiefen, und uns mehr mit dem Phänomen “Bild” beschäftigen.

  5. We never look at just one thing; we are always looking at the relation between things and ourselves.
    John Berger

    Nur eines von vielen unglaublich treffenden Zitaten.

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