Die Kunst hinter der Kulissen …

Heute stellen wir eine Künstlerin vor, die sich hinter der Kulissen großer Kunstinstitutionen mit aufwendiger Herstellung und Restaurierung von zeitgenössischen und historischen Kostümen beschäftigt: Gesa Werner!  Wir haben uns neulich nach mehr als 15 Jahren wieder gesehen. Als ich erfahren habe, was sie jetzt in London macht, bat ich sie spontan, einen Blogbeitrag für uns zu schreiben.


Obwohl man Gesas Tätigkeit als “angewandte Kunst” beschreibt, verlangt ihre (in GB heiß gesuchte) Arbeit vielseitige künstlerische Fähigkeiten … Unter anderm muss sie den Körper einer ganz bestimmten historischen Persönlichkeit aufgrund eines Kleiderstücks, das sie getragen hat, bildhauerisch rekonstrukturieren, sodass das Kostüm glaubwürdig in einem Museum ausgestellt werden kann. (Manchmal handelt es sich um unsere prominente Zeitgenossen, wie z. B. Arnold Schwarzenegger.)  Hier zwei Theaterkostüme, links ein Kleid, das ursprünglich von Clive Rowe auf der Bühne getragen wurde.

Seit bereits fast sechs Jahren lebe ich in London und gehe hier einer Arbeit nach, für die mir kein rechter deutscher Begriff einfallen will. Beim sogenannten  “COSTUME MOUNTING”  dreht sich alles um die fachgerechte Einrichtung von zeitgenössischen und historischen Kostümen, die dann vor allem in Museen ausgestellt werden.
Auf Freiberuflerbasis arbeite ich für verschiedenste Institutionen wie z.B. das Victoria & Albert Museum in London. Oft sind es sehr alte und empfindliche Kleider, für die wir die passenden Büsten und Unterbauten entwickeln. Dabei geht es nicht nur um eine perfekte Passform und optische Erscheinung, sondern auch um kostümhistorische Genauigkeit. Gemeinsam mit Textilrestauratoren stellen wir zudem sicher, dass die einzelnen Objekte in einem ausstellungsgerechten Zustand sind und vor jeder weiteren Beschädigung bewahrt bleiben.
Als gelernte Schneiderin und Gewandmeisterin genieße ich es sehr, die wunderbarsten Kostüme genauer unter die Lupe nehmen zu können, zu vermessen und mir zu überlegen, wie die Person dazu wohl ausgesehen haben mag. Denn das ist es, was ich nach Möglichkeit oft auch versuche, zu erreichen: einen Charakter zu entwickeln!
Praktischer Ausgangspunkt ist in der Regel eine Schneiderbüste, deren Form mit Hilfe von Volumenvlies/Polyesterwatte, und weiteren restaurierungsgerechten Materialen verändert, manipuliert und an das Innere eines Kostümes angepasst wird. Ein wenig ist es wie an dem dazu passenden Negativ zu arbeiten.

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Um dieses weiter zu vervollständigen sind oft gepolsterte Arme ebenso nötig wie Petticoats aus Baumwolle, Tüll, Seide u.v.m. damit ein Zusammenfallen der Ärmel, Röcke oder anderer Kostümteile verhindert wird. Mithilfe dieser sogenannten “underpinnings“ ist es möglich, die verschiedensten historischen Silhouetten zu kreieren. Originale Reifroecke werden hierfür kaum verwendet, da sie meist selbst als Museumstücke gelten und über die Zeit sowieso oft einen Teil ihrer stützenden Funktion verloren haben.

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Fast nie kommt es vor, dass ein Kostüm auf Anhieb perfekt auf eine moderne Schneiderbüste passt. Neben der individuellen Form des ursprünglichen Trägers liegt dies auch daran, dass sich die menschlichen Proportionen im Laufe der Zeit stark verändert haben. Aus diesem Grund hilft mir oft ein wenig Recherche zur Zeit und Sozialgeschichte, um einer individuell geformten Büste den perfekten Schliff zu geben.
Dieses mit Motiven der Illustratorin  Maria Sibylla Merian  reich bestickte Kleid aus dem 18ten Jhd. / Rokoko befindet sich in Privatbesitz. Die Bilder zeigen, was ein gelungener Unterbau (siehe vorherige Bilder) bewirken kann:


…Und so traurig sah das Kostüm davor, ohne die passende Unterstützung aus:



Herzliche Grüße an alle Blogleser! Gesa

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