Künstler stellen sich vor …

Mein Name ist Julia, seit letzter Woche habe ich im Mittwochs-Malkurs einen festen Platz: Ich bin eine Neue. Wie neu, das konnte ich bei der Vorstellungsrunde zu Beginn feststellen, manche meiner Mitmalerinnen sind seit fast zwanzig Jahren bei Željko im Kurs! Genauso lange ist es her, dass ich aufgehört habe zu malen.


Als Kleinkind war der Akt des Malens magisch

Die körperliche Erfahrung von einem nassen Pinsel in meiner Hand, aus dem die Welt herausfließt, war pure Wonne. Eines der schönsten Geschenke war eine riesengroße Rolle aus einem Plotter: ich habe Papierkilometer in bunte Abenteuer verwandelt. Die farbig schillernde Suppe im Wassertöpchen war das Glück in dem ich schwamm. Ich war süchtig danach. Und erstaunt für meine Bilder gelobt zu werden. „Du kannst aber schön malen“ – wie seltsam. Nicht das Ergebnis war der Spaß, sondern das Tun.


In der Grundschule war Malen plötzlich eine Aufgabe, die man gut oder schlecht lösen konnte. In der ersten Klasse bemängelte meine Kunst & Textiles Werken-Lehrerin (hieß das wirklich so?) ein Wachstropfenbild, das ich in leuchtendem GelbGrünRosa als Feuerwerk der Freude abgegeben habe: die Farben passten nicht zusammen. Ich war schockiert! Ist diese Erwachsene mit der eckigen Frisur und ihren immerbraunen Wollpullis ernannt festzulegen, welche Farben zusammen passen? In der Zweiten gefiel der gestrickte Bär nicht, der bei mir eher als grüner Hase aus den Nadeln hüpfte: zu grün, kein Bär, meine erste fünf in Kunst. Verwirrt kämpfte ich weiter um die Gunst einer guten Note und wurde zum unschlagbaren Profi im Entziffern von Kunstlehrerinnenwünschen. Eine glatte eins im Kunst-LK war die Krönung. Ich ging von der Schule in der Überzeugung Kunst zu studieren.

Und plötzlich – mit dem Ende der Schulzeit – fehlte Aufgabe. Ich hing in der Luft. Mit einem Mappenkurs endeten meine künstlerischen Träume: alle hatten Konzepte, Ideen, Innerstes das nach außen drängte. Ich wusste nicht was ich malen sollte, kopierte eine Weile den stets wechselnden Nachbarn und erkannte schnell, dass meine Mappe aus einem Stil-Wirrwarr bestand das nichts mit mir zu tun hatte und niemals für die Aka reichen würde. Also beschloss ich, beruflich auf meine zweite Abi-Eins zu setzen und entwickelte mich zu einer waschechten Ingenieurin.



Letzten Winter stolperte ich über das angriffslustige Angebot von Željko „Die Farbenpower der Acrylmalerei“. Hoppla! Das klingt nach Freiheit für die Farben! Mir wurde ganz warm, da muss ich hin! Und hier bin ich nun. Mit Euch. Und mit den Farben. Und ich finde Stück für Stück zurück zum kindlichen Glück des Malens. Mal ganz ehrlich, schon das matschen und patschen mit den Pigmenten ist eine sinnliche Freude! Ich genieße jeden Abend den ich im Atelier verbringe: die offenherzige Stimmung, der Geruch der Farben, der Blick über die dämmrige lärmende Stadt, die Gespräche über Kunst oder Alltag, die konzentrierte Stille beim Malen, das Heranreifen unserer Bilderwelten und – natürlich – das neue SOFA! Bei der rituellen Bildbetrachtung beobachte ich schmunzelnd, wie in mir die alte Gewohnheit der Leistungsbewertung hochschwappt. Deswegen hab ich meistens eine Tasse Tee dabei, zweimal runtergeschluckt und ich bin wieder frei zu staunen, welche Persönlichkeit und Freude aus unseren so verschiedenen Bildern strahlt! Jedes Kind in uns war und ist einzigartig!


Julia (links) im Gespräch mit Gabi

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3 Gedanken zu „Künstler stellen sich vor …“

  1. Danke, liebe Julia an Deinem wunderbaren, offenherzigen Bericht! Es sit schön, dass Du in unserem Atelier doch einen Weg zurück zur Kunst gefunden hast!! Das ehrt uns! 🙂

  2. Hallo Julia,
    neben der Freude am Spiel mit den Farben ist dir offenbar auch die Freude am Spiel mit den Worten zueigen. Es war mir eine Freude, deine Zeilen zu lesen!
    Lustig, dass ihr in der Grundschule auch einen Bär stricken musstet. Meiner war auch nicht so dolle und ich sehe mich heute noch in der Küche sitzen und 14 cm Rumpf stricken – im Patentmuster, was nie so richtig geklappt hat. Und irgendein Bild aus der 2. oder 3. Klasse hat auch so gar nicht den Anforderungen der Lehrerin genügt. Ich weiß aber nicht mehr, warum.
    Sei herzlich willkommen im Club der Farbenfreunde!
    LG Beate aus dem Donnerstagskurs

    1. Vielen Dank, Beate, für Deine netten Willkommensworte!
      Tatsächlich hat Dein Kommentar meine Woche gerettet 🙂
      Ich denke jede(r) von uns hat solche Schulerinnerungen… aus der heutigen Perspektive können wir darüber lachen: wie albern es ist sich den Kopf zu zerbrechen nur weil man mal nicht in’s Schema passt!
      Hoch leben alle grünen Bären im Patentmuster 🙂 !!!!
      Liebe Grüße, Julia

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