Drei Kurzgeschichten für die langen Abende


Herbstzeit ist Lesezeit! Doch was soll man lesen? Da unser Leben bedauerlicherweise sehr kurz ist, soll – und muss man sogar – nur das Beste lesen! Manches literarische Werk von dieser Sorte habe ich euch schon empfohlen. Die neuen Blogleser können es HIER nachlesen.

Heute schlage ich euch gleich drei kurze Texte vor, zwei Kurzgeschichten und eine Novelle; Bergfahrt von Ludwig Hohl, Bartleby, der Schreiber von Herman Melville und Schachnovelle von Stefan Zweig. Es handelt sich um drei Meisterwerke der Weltliteratur, die die sinnstiftenden Widersprüche menschlicher Existenz mit einer großen Meisterschaft literarisch darstellen. Währen Schachnovelle ein bekanntes Werk ist, gelten die beiden anderen immer noch als »Geheimtipp«. Insbesondere gilt das für die kleine Erzählung von Hohl …



Alle drei sind scharfsinnige, prägnante Parabel über unser Leben. Die Helden dieser Erzählungen müssen an einer Welt scheitern, in der alles, was man tut, gleichzeitig richtig und fatal zu sein scheint: Trotz aller Widrigkeiten zum Gipfel aufsteigen oder doch zurück ins Tal kehren; einer sinnlosen Arbeit nachgehen oder sie verweigern; ein Meister werden, um dem Schicksal zu trotzen oder bloß des Ruhmes und Geldes wegen?

Viel Lesevergnügen wünsch Euch

Euer Atelierhausmeister!

P.S. Über die Erzählung Bartleby, der Schreiber habe ich ein paar Zeilen in meinem neuen Buch geschrieben. Wen interessiert, findet sie in der Leseprobe

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Die Architektur der Zerbröselung

Beate förderte mich neulich auf, im Blog wieder eine Buchempfehlung zu geben. Nun mache ich sie – und zwar eine ganz besondere! Denn ich darf heute mein eigenes Buch empfelen! Seit gestern, druckfrisch, liegt es vor.

DIE ARCHITEKTUR DER ZERBRÖSELUNG
Über die paradoxe Unverwundbarkeit der Schönheit

Der Untertitel verrät, worüber ich geschrieben habe. Die Schönheit – ein Thema, das mit Kunst und Malerei einiges zu tun hat …
Hier der Klappentext.

Der Autor zog sich während der Sommermonate des Jahres 2013 in seinen Garten, ein kleines Naturrefugium inmitten der schwäbischen Hauptstadt, zurück, um ein wahrhaftig gewagtes »avantgardistisches« Unterfangen zu beginnen: Er wollte nicht weniger, als ein für alle Mal das Rätsel der Schönheit zu lösen. Aber damit nicht genug! Der Avantgardekünstler möchte seinem Unterfangen noch eine literarische Probe beifügen, die das Geheimnis der Schönheit lüftet und zugleich artistisch demonstriert. [read more=”weiter lesen” less=”weniger lesen”]Die »Architektur der Zerbröselung« ist von einem nach Ausdruck und Tiefe gierenden, aber wohltemperierten Atmungsrhythmus durchzogen. Der Text verdichtet sich in luzide, beinahe parodistische Reflexionen über Gesellschaft und Kultur, über Alltag und Kunst. Der Autor betreibt eine satirische Kunstkritik, deutet Zeichen am Himmel und auf der Erde, holt Luft für eine scharfe Betrachtung eines »Artefakts« seiner Umgebung, aber letztendlich doch nur, um dadurch angestaute Energie auf der schwalbenartigen Flugbahn seiner poetischen Bilder in der Besinnung auf das Hier und Jetzt in der unabänderlichen Einfachheit des Augenblicks aufzulösen. In der tiefen Stille solcher Augenblicke stellt der verblüffte Künstler das Paradoxe einer »wahren« Schönheit fest: Sie ist mit unzähligen Narben übersät – und trotzdem unverwundbar, sie ist ein Paradoxon und somit (scheinbar) unergründlich. Aber wie fällt ihr Urteil, worüber reden wir überhaupt, wenn wir über sie reden? Die Brust des Erzählers setzt erneut zu einem tiefen Einatmen an und der Text füllt sich mit neuer Spannung. Bis zum letzten Satz dieses wundersamen Buches ringen das Herz und der Kopf um die Vorherrschaft über das literarische Atmungsorgan des Autors und liefern 190 Seiten Schönheit – samt ihres Rätsels Lösung![/read]

Das Buch ist im Verlag Edition Randgruppe erschienen und ist – außer dort und im Buchhandel – exklusiv für die Blogleser auch hier erhältlich! Ihr könnt es formlos per E-Mail (atelier@mislissippi.com) bei mir bestellen oder in unserem Atelier direkt erwerben.

Die Architektur der Zerbröselung
190 Seiten;  Softcover;  Euro 14,-
ISBN 978-3-9816926-3-1

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Die Zimtläden


Lektüre für Osterferien gesucht?

Atelierhausmeister empfiehlt den Erzählband »Die Zimtläden« von polnischem Zeichner, Zeichenlehrer und Schriftsteller Bruno Schulz.


Abgebildet ist die Ausgabe aus dem Jahr 1966, die alle seine Erzählungen beinhaltet. 2008 ist eine viel gelobte Neuübersetzung erschienen. Lesenswert ist auch die Sammlung seiner Aufsätze und Briefe “Die Wirklichkeit ist Schatten des Wortes”.


Dieses Buch ist eine Reise in die stille Fantastik einer jüdisch-mythischen, vormodernen Welt inmitten der Moderne. »Die Zimtläden«, 1933 erschienen (1961 und 2008 auf Deutsch), gehört ganz dem Mythos, dem Traum und der Illusion an. Das literarische Herz dieser Prosa ist trotzdem avantgardistisch, weil radikal und emanzipatorisch. Schein und Wirklichkeit; Mensch und Marionette; Irrsinn und Einsicht; Komik und Vision, ineinander verwoben und ironisch gebrochen, sind Gegenpaare, aus denen Schulz’ wundersame Erzählungen entstehen. »Diese Wirklichkeit ist dünn wie Papier, und jeder Spalt verrät, dass sie bloß imitiert ist«, behauptet der Künstler und verrät somit sein Verhältnis zur Kunst – sie ist wirklicher als Wirklichkeit, denn das Leben in ihr kann allzu leicht zum »Ding« werden.  Kapitalismus, Industrialisierung, Geschäft, Geldmarkt, Urbanisierung – vom Schulz nie direkt, geschweige denn politisch thematisiert – haben eine Welt erschaffen, die das Stoffliche, Tote und Dinghafte mit einem neuartigen, »modernen« und einem zutiefst unheimlichen Leben ausstattet; die Maschine setzt sich überall durch, wird zum Prinzip und zur Metapher des Lebendigen – und zum Maß aller Dinge.
Erzählt wurde aus der Perspektive eines Kindes. Die Handlung der meisten Erzählungen allerdings dominiert die Figur des Vaters. Er ist ein zorniger Prophet und komödiantischer Philosoph, ein feuriger Forscher und Erklärer des toten Lebens; der Stoffe, der Materie, der Gebrauchsgegenstände, der Gerüche und der Klänge. Alles in seiner Welt ist hybrid, vermischt, die Formen sind unstabil, sie flimmern in einer wundersamen Metamorphose schnell auf, erstarren dann in plötzlicher Banalität oder lösen sich wie kleine episodische Traumerscheinungen im Morgenlicht auf. Die Gegenstände, die unsere Welt langsam zu verstopfen trachten, täuschen ihre Funktion nur vor und warten insgeheim, dass sie sich uns endgültig verweigern. …
Und wir, können wir so etwas überhaupt noch nachvollziehen? Wir, die Heutigen sind doch längst daran gewöhnt, alles nach seiner Funktion und seinem Gebrauchswert zu betrachten. Wir leben – von morbiden Bequemlichkeiten einer maschinisierten Welt verwöhnt – in einer als entzaubert erklärten Wirklichkeit, deren abgeschworene Magie wir nicht mehr ohne Anstrengung wahrnehmen können. Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Kunst. Und hier ist sie!  Die Literatur von Bruno Schulz kann uns helfen, eine grundlegende Welt-Fantastik, die auch unserem Alltag beiwohnt, zu entdecken!
Das zur Weltliteratur zählende Werk von Bruno Schulz umfasst kaum 300 Setein.  Am 19. November 1942 wurde er in seiner Geburtsstadt Drohobycz auf offener Straße von einem SS-Mann erschossen.

Sowohl als Schriftsteller als auch als Zeichner war Schulz ein Schüler seines eigenen Talents. Er dürfte nur kurz und ohne Abschluss Architektur studieren, hinterließ aber eine Reihe bemerkenswerter expressionistischer Zeichnungen und Grafiken. Sie sind im Band “Bruno Schulz – Das Graphische Werk”, 1992 veröffentlicht.


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