Ausstellung “Egon Schiele” in Wiener Albertina


Über die Ausstellung  “Egon Schiele”  in Wiener Albertina birichtet unsere Fliegende Reporterin Beate ( dafür herzlichen Dank! ).


Egon Schiele – Talent, Tiefe, Exzess und die Kunst als Ventil einer stürmischen Sehnsucht nach Befreiung aus der Zwangsjacke der (K.u.K) Gesellschaft

Egon Schiele ( 1890 – 1918 )
Enfant terrible der klassischen Moderne , unpassendster Schüler aller Schulen , Künstler zwischen Spiritualität und Sex. Eine Auseinandersetzung mit der Nacktheit des Menschen und dem eigenen Selbst, mit Doppelmoral,  Armut , Eros und Einsamkeit; mit Verstehenwollen und Nichtverstandenwerden.
Vom 22.Februar bis 18.Juni 2017 zeigt die Albertina in Wien Werke des Malers Egon Schiele, der 1918 mit nur 28 Jahren an der Spanischen Grippe gestorben ist und dessen Werke nach seinem Tod lange fast vergessen waren. Wollte man seine zahlreichen, expressiven Darstellungen, bei denen man den ‚point of view‘ nicht lange suchen muss (salopp gesagt) nur auf das sujet der Erotik reduzieren, würde man ihm sicher nicht gerecht.
Zu Beginn der Ausstellung begegnet man, quasi zum Warmwerden, einigen Bildern des Städtchens Krumau, der Geburtsstadt seiner Mutter. Allesamt schön bunt coloriert mit Liebe zum Detail. Verwinkelte Gässchen, zum Trocknen aufgehängte Wäsche etc. Dass das kleine Städtchen im Grunde so seine Probleme hatte, mit seiner freizügigen Lebensmoral, sei hier dahingestellt.
In den weiteren Ausstellungsräumen dominieren nun – neben Selbstportraits in kühnen bis albernen oder tabulosen Posen – eher die Darstellungen von leicht bis spärlich bekleideten Männern, Frauen und Kindern, die sich offenbar zahlreich in seinem Atelier eingefunden haben und für die Schüchternheit eher ein vager Begriff war.
In dem kleinen österreichischen Städtchen Neulengbach wurde ihm sein offenherziger Umgang – eben auch mit minderjährigen Mädchen – im Jahr 1912 zum Verhängnis und brachte ihm ein paar Wochen Untersuchungshaft ein. Bereits nach 24 Tagen wurde er aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen. Doch wie sehr ihm diese Tage hinter schwedischen Gardinen zugesetzt haben drückt sich in den wenigen Bildern aus, die in dieser Zeit entstanden sind: ein völlig verängstigter Schiele, der von der grauen Decke seiner Pritsche fast erdrückt wird, wie Mogli von der Schlange Kaa. Und der einzige Lichtblick in der Zelle schien eine Orangenfrucht zu sein.
Ab da an war’s wohl auch vorbei mit der Mädchenmalerei. Jedenfalls nach außen hin.
Was ihn 1915 bewogen hat, seine Muse und Geliebte Wally, also seinen Lieblingsmensch par excellence, für die bürgerliche Ehe mit der Nachbarstochter Edith einzutauschen, werden wir wohl nie erfahren. Wally verbrachte nach der Trennung ihre letzten Lebensmonate als Krankenschwester an der Front und starb 1917 an Scharlach. Als wäre mit ihr auch das wilde Expressive gegangen, waren die letzten Bilder Schieles zahmer, ruhiger. Wirklich ausgeglichen ist er durch die Ehe mit Edith wohl nicht geworden. Andererseits hatten sie beide nicht mehr die Möglichkeit dazu, zusammenzuwachsen, eine Familie zu gründen … Im Herbst 1918 starb erst seine Frau (im sechsten Monat schwanger) und drei Tage später er selbst an den Folgen der Spanischen Grippe, die so sensenschwingend durch’s Land getobt ist, fast wie weiland die Pest.
Ganz am Schluss der Ausstellung sind noch ein paar Werke des Teenagers Schiele zu sehen. Zeichnungen, die ihn befähigten, schon mit 16 an der Wiener Kunstakademie aufgenommen zu werden. Und ja – er hatte mit Sicherheit Talent. In vielen zeichnerisch, malerischen Bereichen. Viel zu viel Talent, wie sein anfänglicher Unterstützer Klimt ihm bescheinigte. Nur gegenständlich und detailliert malen war ihm daher bald zu einseitig.

 


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